Wie könnte die Organisation der Zukunft aussehen?
Während Pioniere und Gründer selbst den organisatorischen Rahmen bilden, Motivation, Antrieb und Ausrichtung mitbringen und somit alle notwendigen Disziplinen in sich vereinen, entsteht durch Wachstum und zunehmender Arbeitsteilung eine zunehmende organisatorische Herausforderung. Organisationen sollen zugleich Beweglichkeit und Kontinuität vereinen, eine hohe Komplexität bewältigen und doch einfach steuerbar sein. Dazu kommt, dass die Geschwindigkeit der Veränderungen steigt und mit ihr die Unsicherheit, welche Entscheidungen wann und wie getroffen werden müssen, um das Unternehmen auf (Erfolgs-)Kurs zu halten. Es besteht offensichtlich Bedarf an wandlungsfähigen aber gleichzeitig stabilen Organisationen. Angesichts der permanenten Bedrohung durch organisationale und individuelle Veränderung ist ein Konzept, das Widerstandsfähigkeit (Resilienz) verspricht, im Management besonders gefragt.
Hierzu beschreibt Dr. Stefan Vorbach im „Wing Business“ einen interessanten Ansatz mit dem Namen Reliliente Organisationen, welcher sich neben einer hohen organisationalen Reaktionsfähigkeit, permanentes Anpassungslernen und durch die Fähigkeit zur frühzeitigen Risiko- und Krisenvermeidung durch folgende Aspekte auszeichnet:
- Vorhandensein einer fehlerfreundlichen Lernkultur (Diese Organisationen motivieren Mitarbeiter, Fehler zu melden, sie analysieren Beinahefehler und lernen daraus. Dies erfordert eine offenen Kommunikation über Hierarchieebenen hinweg und die Wertschätzung abweichender Meinungen und Wahrnehmungen)
- Förderung von Komplexität (Die Organisationen erhöhen bewusst die innere Komplexität durch Aufnahme von Mitarbeitern mit unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen, Jobrotation und Fortbildung, um Meinungsvielfalt und ein breites Spektrum an Handlungsoptionen zu generieren)
- Sensibilität für betriebliche Abläufe (Organisationen entwickeln Frühwarnsysteme, um Abweichungen und schwache Signale frühzeitig zu erkennen)
- Große Handlungsspielräume für diejenigen, die dem Problem am nächsten sind, unabhängig von der Hierarchieebene)
- Rollenflexibilität und Verantwortungsbereitschaft der Mitarbeiter über ihren eigenen Zuständigkeitsbereich hinaus
Vor allem Führungs- und verhaltensorientierte Themen werden deshalb im Gegensatz zu Strukturthemen wichtiger werden. Der Psychologe Wolfgang Weber und Kollegen identifizieren in zahlreichen empirischen Untersuchungen die nachfolgenden Komponenten eines sozio-moralischen Organisationsklimas (Weber, Unterrainer, Schmid 2009):
1. Die Bereitschaft, über Widersprüchlichkeiten, soziale Probleme und Konflikte (zwischen unterschiedlichen Interessen, divergierenden Werten und Normen) offen zu reden
2. Zuverlässig und konstant gewährte Wertschätzung, emotionale Zuwendung und Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen (im Gegensatz zu einem unvorhersehbaren Wechsel zwischen Wert- und Geringschätzung),
3. Berücksichtigung und Anerkennung der individuellen Persönlichkeit und Vertrauenswürdigkeit jedes Einzelnen (z.B. durch einen Vertrauens- und Gratifikationsvorschuss in Form von betrieblicher Zukunftschance und Weiterbildungsmöglichkeit)
4. Angemessene Toleranz gegenüber Fehlern
5. Gelegenheit zur offenen, zwanglosen Kommunikation, auch über die Legitimität von Regeln, Prinzipien und Werten im Unternehmen
6. Partizipative Kooperation der Organisationsmitglieder auch bezüglich der Entwicklung organisationaler Regeln, Werte und Prinzipien auf Basis allgemein akzeptierter Grundwerte
7. Vertrauensvolle Zuweisung von Verantwortung für das Wohlergehen von Menschen innerhalb und außerhalb der Organisation
8. Organisationale Rücksichtnahme auf den Einzelnen: dies beinhaltet die Bereitschaft von Verantwortungsträgern, die Perspektive von individuellen Unternehmensmitgliedern einzunehmen
Innovationsfähigkeit und Agilität auf der einen Seite sowie Kontinuität und Beständigkeit auf der anderen Seite sind nicht in einem einzelnen Funktionsbereich zu gewinnen. Die am stärksten gefragten verhaltensorientierten Kompetenzen der Organisation sind eine multidisziplinäre Aufgabe, an der die Führungskräfte aller Unternehmensbereiche ihren Anteil haben (Dicke, Roghe, Strack 2012, S. 56).
Einen interessanten Ansatz hierzu findet man unter "Hagen-Management"
Dieser Ansatz beschreibt einen Paradigmenwandel von einem mechanistisch-trennenden hin zu einem systemisch-ganzheitlichen Verständnis.
Insbesondere Führungskräfte sollten ihr Denken und Handeln regelmäßig hinterfragen. In der individuellen und organisationalen Reflexionsfähigkeit liegt aus Sicht des Autors der Schlüssel zur Entwicklung hin zur leistungsfähigen Organisation der Zukunft.
Im folgenden Clip wird eine nötige Transformation von Management hin zu Führung herausgegriffen und sehr anschaulich dargestellt.
Schafft man die Auseinandersetzung mit den Paradigmen, Haltungen und Mustern unseres aktuellen Denkens und Handelns, sind die Voraussetzungen für eine fruchtbare Synthese von Innovation und zukunftsfähiger Organisation gegeben.