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21Aug/130

Vom Toilettentest zum Kondratieff

WC

In der „brand eins“- Ausgabe vom Juli mit dem Schwerpunktthema „Fortschritt wagen“ bin ich bei der merkwürdig klingenden Headline „der Toilettentest“ hängen geblieben. Was hat ein Toilettentest nun mit Fortschritt zu tun?

Nun ja, der US-amerikanische Ökonom Robert J. Gordon erklärt diesen Test so:

Sie haben 2 Wahlmöglichkeiten:
Option 1: Sie haben einen Laptop aus dem Jahr 2002 oder einen Personal Computer, auf dem Windows XP und die üblichen Programme laufen. Sie haben Zugang zum Internet mit dem Standard des Jahres 2002. Zudem verfügen Sie über eine Toilette in Ihrer Wohnung.
Option 2: Sie haben das iPad mit Internetanbindung überall. Sie haben natürlich ein Smartphone der neuesten Generation, Facebook, Twitter und alle sozialen Medien, die wir heute kennen. Ihre Toilette befindet sich draußen auf dem Hof.

Es ist nicht verwunderlich, dass sich die Mehrheit der Testpersonen für die Option 2 entscheiden. Das bestätigt die dahinterliegende Grundthese, dass der technische Fortschritt zurzeit alles andere als revolutionär ist. Vergleicht man den Zusatznutzen, den uns die Technik in den vergangenen zehn Jahren gebracht hat, ist dieser viel geringer als der von Dampfmaschine, Glühbirne, oder eben der des Wasserklosetts, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Einzug in die eigenen vier Wände hielt. Aus der Tatsache, dass sich die Innovatoren aller Disziplinen seit rund zehn Jahren mit Grenznutzen-Effekten begnügen, leitet Gordon keinen Vorwurf, sondern eine Warnung ab: Wir werden in den kommenden Jahren keine vergleichbaren Wohlstandsgewinne mehr mithilfe von technischer Erneuerung erzielen können wie in der Vergangenheit.

An dieser Stelle möchte ich nun noch einmal das Konzept des Kondratieff-Zyklus aufgreifen. Die sogenannten Kondratieff-Zyklen wurden hier schon einmal kurz vorgestellt und auch die Frage nach dem sechsten Kondtatieff steht noch immer im Raum.

Wenn also laut Gordon technische Neuerungen nicht im Stande sind disruptive Innovationen zu schaffen, was könnte es dann sein?

Nefidow hält fest, dass während die Industriegesellschaft bis zum vierten Kondratieff-Zyklus Hardware, die Erschließung von Rohstoffen, die Optimierung der Energieflüsse und überwiegend materielle Bedürfnisse in den Vordergrund stellte, kommt es der Informationsgesellschaft vor allem auf die Erschließung und Nutzung von Informationen an (Daten, Texte, Nachrichten, Bilder, Wissen, Ideen, Beziehungen, Strategien, Werte, etc.). Deshalb werden Eigenschaften wie Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit, Lernbereitschaft, Fach- und Orientierungswissen, Menschenkenntnis, Denken in Systemen und gemeinschaftsorientierte Werte immer wichtiger. Der fünfte Zyklus wurde durch den Computer, das Internet und die Verschmelzung von Informationsverarbeitung, Telekommunikation, Software, Unterhaltungselektronik, Informationsdiensten und Medien getragen. Folgende Ausprägungen haben diesen Zyklus charakterisiert:

  • Zentrale Rolle von Informatik und Informationstechnik
  • Rationalisierung gut strukturierter Arbeitsabläufe
  • Computergestützter Umgang mit sicherem Expertenwissen
  • Optimierung von Energie- und Informationsflüssen in Organisationen
  • Optimierung von Informationsflüssen zwischen Mensch und Maschine
  • Vorherrschendes Entweder-oder-Verhalten

Nefiodow beschäftigte sich jedoch auch schon sehr früh mit der Frage, wie der sechste Kondratieff-Zyklus aussehen könnte. Folgende Elemente werden nach Nefiodow den sechsten, ca. 2015 beginnenden Kondratieff- Zyklus abbilden:

  • Zentrale Rolle der psychosozialen Kompetenz
  • Rationalisierung wenig/unscharf strukturierter Arbeitsabläufe
  • Computergestützter Umgang mit ungenauem Wissen
  • Optimierung von Informationsflüssen im und zwischen Menschen
  • Organisation der zwischenmenschlichen Beziehung
  • Sowohl-als-auch-Verhalten setzt sich durch

Die von ihm dargestellten Ausprägungen für den sechsten Kondratieff-Zyklus geben Aufschluss darüber, dass die Menschen und ihre Beziehungsebenen in den Mittelpunkt des Innovationsgeschehens rücken. Ebenso gibt es noch viele weitere ähnliche Sichtweisen zur Entwicklung des sechsten Kondratieffs. Auch diese messen immateriellen Werten zukünftig eine höhere Bedeutung bei als materiellen Gewinnen und es werden nicht mehr nur marktstrategische und auf den technologischen Bereich bezogene Fähigkeiten, sondern Fähigkeiten wie Intuition und Kreativität – weil auf das Individuum bezogen – wichtiger. Als dem sechsten Kondratieff zugeordnete Bedürfnisebenen sind Individualität und Beziehung zu sehen, welche eine „Bewusstseinsänderung“ als grundlegende Innovation des neuen Zyklus definieren. (vgl. hierzu beispielsweise Rupp 2010, S. 20f.).

Kommt es tatsächlich dazu, dass wir zukünftig anders auf die Welt blicken,könnten die riesigen fehlgeleiteten Ressourcen am Ende des fünften Kondratieffs (Angst, Mobbing, Aggressionen, Streit, Frust, Drogen, Kriminalität, Terrorismus, seelische Störungen, Erkrankungen, etc.) möglicherweise als die größten Produktivitäts- und Wachstumsreserven der Welt gelten.

Quellen:

http://www.brandeins.de/archiv/2013

Nefiodow, Leo (2006). Der sechste Kondratieff. Wege zur Produktivität und Vollbeschäftigung im Zeitalter der Information. St. Augustin: Rhein-Sieg Verlag.

Rupp, Thomas (2010). Die Rückkehr zur Emotionalität. Über den Weg vom Maschinen- ins Menschenzeitalter. Strategie Journal, H. 03/10, 20-21.

26May/130

Ist schneller wirklich immer besser?

Beinahe jede Publikation zum Thema Produktentwicklung inkludiert den Verweis auf immer kürzer werdende Produktlebenszyklen und die hohe Bedeutung der Entwicklungsgeschwindigkeit für den Markterfolg. Dabei wird jedoch oft vernachlässigt, dass Entwicklung nicht gleich Entwicklung ist und schneller sein nicht automatisch bedeutet, erfolgreicher zu sein.

Speziell wenn es um den Faktor Unsicherheit bei einem Innovationsprojekt geht, so hat dieser entscheidende Auswirkung auf den (scheinbar linearen) Zusammenhang von Entwicklungsgeschwindigkeit und Markterfolg.

Laut der aktuellen Studie „New Product Development Speed: Too Much of a Good Thing?” von Chen, Reilly und Lynn erschienen im  [J PROD INNOV MANAG 2012;29(2):288–303] verhalten sich Innovationsprojekte mit hohem Unsicherheitsgrad alles andere als linear in Bezug auf Entwicklungsgeschwindigkeit und Markterfolg. Die Autoren erkennen folgenden Zusammenhang:„When turbulence or technological newness is low, faster is better, whereas when turbulence or technology newness is high, NPD teams should not pursue a blind speed strategy. In contrast, when market newness is high, faster is better, whereas moderate speed is the best under conditions of low-market newness.”

Folgende Grafik zeigt, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Produktentwicklungsgeschwindigkeit und dem Markterfolg des Produktes gibt, sofern die Unsicherheiten im Entwicklungsprojekt gering sind. Bei hoher Unsicherheit hingegen, zeigt sich ein ganz anderer Zusammenhang zwischen Produktentwicklungsgeschwindigkeit und Markterfolg des Produktes. Innovationsprojekte mit hohem Unsicherheitsgrad benötigen einfach mehr Zeit um zu reifen.

Produkterfolg und Entwicklungsgeschwindigkeit

Produkterfolg und Entwicklungsgeschwindigkeit

Speziell bei radikalen Innovationen zeigt sich immer wieder, dass eine zu frühe Markteinführung nicht die gewünschten Erfolge bringt. Lernschleifen müssen eingeplant werden, um technische sowie Markt- und Kundenanforderungen zu prüfen und Produktkonzepte, Prototypen sowie Geschäftsmodelle zu testen.

Geschwindigkeit ist wichtig, sollte jedoch nicht blind als Erfolgsfaktor Nummer 1 gehandelt werden. Es geht vielmehr darum den geeigneten Punkt zwischen Entwicklungsgeschwindigkeit und Markterfolg zu finden und dieser Punkt ist bei jedem Projekt ein anderer.

16Apr/130

Bestimmen und Bewerten von radikalen Innovationen

Radikale Innovationen wurden hier bereits öfters diskutiert. Wie es gelingt, radikale Innovationen zu bestimmen und in der Folge auch zu bewerten, zeigt der folgende Beitrag.

Bestimmen der Radikalität

Für die Unterscheidung zwischen Innovationen mit sehr geringem und sehr hohem Innovationsgrad gibt es in der Literatur ebenso viele Begriffe, wie unterschiedliche Ansätze zur Definition von Innovationen. Da es keine Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten gibt, überschneiden sich sehr viele Typologisierungen. Die am weitesten verbreitete Einteilung von Innovationen in Bezug auf die Neuartigkeit sieht die Unterscheidung des Begriffspaares inkrementelle und radikale Innovation vor.

Doch das alleine hilft nur wenig, wenn es darum geht, ein Innovationsprojekt zum Erfolg zu führen. Konkrete Praktiken können radikale Innovationsprojekte unterstützen. Der Beginn dazu ist die Bewertung der Radikalität des Projektes. Erst die Abschätzung eines erwarteten Innovationsgrades ermöglicht die Bestimmung der geeigneten Methodik und Vorgehensweise.

In der Literatur finden sich zahlreiche Indikatoren zur Bestimmung radikaler Innovationen. So werden Innovationen häufig auch dann als radikal bezeichnet, wenn völlig neue „Performance Features“ geschaffen oder eine signifikante (30% oder mehr) Kostenreduktion erreicht werden kann (vgl. Leifer Richard et. al., 2000).

Zur Abschätzung der Radikalität einer Innovation besser geeignet erscheinen mir jedoch grundlegendere Dimensionen (Das Wort „radikal“ leitet sich vom lateinischen Begriff „radix“ ab, was so viel heißt wie Wurzel. Der Begriff „radikal“ steht demnach für eine grundlegende Veränderung – eine Veränderung an der Wurzel eben).

Mögliche Dimensionen sind:

  • Neuheit der Technologie (Erfahrungswerte in Bzg. auf einzusetzende Materialien oder Technologien)
  • Neuheit des Marktes (Vertrautheit mit Markt- und Kundenbedürfnissen)
  • Komplexität und Unsicherheit möglicher Umweltzustände (ökologische, soziale, rechtliche oder technisch veränderte Ansprüche und Standards wie z.B. die Notwendigkeit geeigneter Infrastruktur bei der Durchsetzung elektrischer Mobilität)
  • Organisation und Ressourcen (Veränderung unternehmensinterner Strategien, Prozesse, etc., Abstand zwischen den vorhandenen unternehmensinternen Ressourcen wie z.B. Kenntnisstand oder Fähigkeiten und den benötigten Ressourcen)
Dimensionen raikaler Innovationen

Dimensionen raikaler Innovationen

Abbildung 1: Dimensionen des Innovationsgrades in einer Polarkoordination nach Robert Knack (2006, S. 48)

Wichtig bei der Betrachtung dieser Dimensionen ist: Je weiter eine Innovation von inkrementell zu radikal tendiert, desto größer werden die Unsicherheiten für das innovierende Unternehmen im Bereich: Technologie, Markt, Umwelt, Ressourcen und Organisation.

Auch wenn eine absolute und objektive Einteilung von Innovationen – speziell wenn man radikale und inkrementelle Innovationen unterscheiden möchte - nicht eindeutig möglich ist, fordert die Bestimmung des Innovationsgrades alle Beteiligten auf, sich schon zu Beginn des Projektes systematisch mit den Konsequenzen zu beschäftigen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die richtigen Managementmaßnahmen wie die Definition des Budgets, die Festlegung von Fristen, die Zusammensetzung von Teams oder die Positionierung am Markt abgeleitet werden können.

Bewerten radikaler Innovationen:

Wird ein Innovationsprojekt als radikal eingestuft, können diese oft nicht anhand derselben Kriterien bewertet werden wie inkrementelle Innovationsprojekte. Folgend sind deshalb Bewertungskriterien dargestellt, welche sich besonders zur Bewertung von radikalen Innovationen bzw. eines radikalen Innovationsportfolios eignen (Vgl. Albert S. Paulson et. al., 2007).

Mögliche wichtige Bewertungskriterien:

  • Auswirkung des Projektes auf die Erneuerung des Unternehmens - neue Kunden, neue Anwendungsfelder, neue technische Kompetenzen, neue Businesskompetenzen, Wertsteigerung entlang der Wertschöpfungskette, positiver Einfluss auf bestehende Geschäftsfelder, Einfluss auf die Unternehmensstrategie, Aufbau neuer interner Netzwerke, Aufbau neuer externer Netzwerke;
  • Auswirkung des Projektes auf das Wachstum des Unternehmens - das zu erwartende Marktpotential, neuer Weg des Wachstums (VT, Service,…), das Projekt stellt eine Gefahr für derzeitige Marktführer dar, Aussicht auf Erfolg rechtfertigt Investment, erfolgversprechendes BusinessModel, angemessener zu erwartender Break Even;
  • Auswirkung des Projektes auf den Markt – Vorsprung gegenüber etablierten oder potentiellen Mitbewerbern, Kunden sind enthusiastisch hinsichtlich der Lösungen, Teilnehmer entlang der Wertschöpfungskette sind enthusiastisch hinsichtlich der Lösungen, das Projekt löst ein Problem welches zur Zeit nur schlecht gelöst ist, Potential zum Setzen eines neuen Industriestandards, das Projekt stiftet neuen, unbekannten Nutzen;
  • Auswirkung des Projektes auf das Portfolio – Synergien können genutzt werden, Einzigartigkeit und somit keine Kannibalisierung innerhalb des Portfolios, würde das Projekt gestoppt, würde das Portfolio darunter leiden, Projekt trägt zur Portfoliobalance bei (Technologie, Risiko, Märkte);
  • Teamfähigkeiten und Fortschritt – Der Teamleiter kann das Projekt sicher in die nächste Phase führen, Das Team ist experimentierfreudig, kontinuierliche Berücksichtigung von Veränderungen (Technologie, Markt, Produktion,…), Fähigkeit des Teams eine Vision zu erstellen und danach die Roadmap auszurichten, im Team sind Mitglieder die sich bereits über den gesamten Innovationsprozess gekämpft haben, das Team schafft schnellen Fortschritt (bezogen auf die zur Verfügung gestellten Ressourcen);
  • Möglichkeiten und Fähigkeiten des Unternehmens – Das Projekt passt zur strategischen Absicht (Grenzen verschieben, Technologieführerschaft,…), Support der Geschäftsleitung, Ressourcen für die nächsten Schritte sind vorhanden, Partner/Allianzen können zur (schnelleren, besseren) Umsetzung der Innovation herangezogen werden, mit dem wahrscheinlichen Marktzugang fühlt sich das Unternehmen wohl, Finanzierung kann erbracht werden, die Chancen den nächsten technischen Milestone zu erreichen sind groß, die Marktteilnehmer und Spielregeln am Markt sind bekannt, es gibt ein klares Kommitment zu einer organisatorischen Einbettung des Projektes, das Projekt unterstützt den Ausbau bestehender Kompetenzen;
  • Auswirkung der externen Umwelt auf das Projekt – es sind keine Barrieren zu erwarten (politische Einflüsse, Gesetze,…), es gibt keine Ansätze von Wettbewerbern, die das Problem besser lösen könnten, es ist nicht zu erwarten, dass Infrastruktur oder sonstige Rahmenbedingungen das Projekt gefährden;

Neben der Bewertungskriterien für die einzelnen Projekte kann auch das gesamte Portfolio bewertet werden:

  • Das Unternehmen hat über alle Bereiche eine adäquate Anzahl an Entwicklungsprojekten auf der Roadmap
  • Das Projekt Portfolio ist entsprechend diversifiziert
  • Die Projekte im Portfolio sind entsprechend des Ressourceneinsatzes gut über die Phasen Discovery, Incubation und  Acceleration verteilt
  • Die Ressourcen werden nicht zu dünn auf zu viele Projekte verteilt
  • Die Projekte repräsentieren die strategische Ausrichtung des Unternehmens (Kompetenzen, Märkte, Technologieführer) – notwendig bei Projekten außerhalb des strategischen Fokus?
  • Synergien können innerhalb des Portfolios genutzt werden
  • Patentschutz kann quer über das Portfolio gewährleistet werden
  • Die Abbruchrate von Projekten in der Discovery Phase ist angemessen
  • Die Abbruchrate von Projekten in der Incubation Phase ist angemessen
  • Das Portfolio ist ausreichend diversifiziert hinsichtlich der Kompetenzen welche aufgebaut werden sollten
  • Der erwartete Markteintrittszeitpunkt verteilt sich gut über die Projekte

Mehr Informationen zu radikalen Innovationen finden Sie unter:

http://www.die-erfinder.com/innovationsprozesse/erfolg-bei-radikalen-innovationsprojekten-ist-planbar-radikale-innovationen-erke

http://www.wirtschaftskommunikation-studium.de/2009/11/radikale-innovation-vs-inkrementelle-innovation/

http://www.ideeologen.de/fileadmin/ideeologen/Medienordner/Downloads/MiniBook_Radikale_Innovation_867.pdf

Quellen:

Richard Leifer et. al. (2000): Radical Innovation. Harvard Business School Press, Boston, Massachusetts.

Albert S. Paulson; Gina Colarelli O´Connor; Daniel Robeson (2007): Evaluationg radical Innovation Portfolios. Research Technology Management, September-Oktober 2007

18Jan/120

Störende Innovation – oder – keiner will den roten Ball!

Roter+Ball+=Innovation

Unternehmen wünschen sich kreative Mitarbeiter, die quer denken sowie eine Menge bahnbrechender Ideen, die Bestehendes in Frage bzw. auf den Kopf stellen! Das müsste eigentlich schlüssig sein, wenn man den Aussagen vieler Innovationsverantworltichen Glauben schenkt, die radikale Innovationen offensichtlich als essentiell für das Überleben von heimischen Unternehmen sehen.

Doch ist das wirklich so?

Laut einer Studie der Unternehmensberatung „die Ideeologen“ möchte das nur weniger als ein Drittel der Unternehmen wirklich haben. Innovative Ideen werden von einem Großteil der Unternehmen nämlich nur dann akzeptiert, wenn sich diese auch in bestehende Systeme integrieren lassen und die Regeln nicht verletzt werden. Innovation nach Vorschrift sozusagen. Meist funktioniert das dann auch ganz gut. Ideen werden gesammelt, konkretisiert und bewertet, bis sie schließlich zur Umsetzung freigegeben werden. Haben jedoch in diesem Kontext radikale, bahnbrechende Ideen, die alles auf den Kopf stellen (Organisationsstruktur, Vertriebswege, Geschäftsmodelle,…) wirklich eine Chance? Oder fühlt man sich als Entscheider doch eher zu Ideen hingezogen, die wenig Staub aufwirbeln und auf bewährte Strukturen und Konzepte aufbauen?

Es lässt sich auf jeden Fall ein klarer Widerspruch erkennen. Wie soll man aber nun diesem Widerspruch - steigende Bedeutung von radikalen Innovationen auf der einen Seite und die häufig hohe Resistenz gegenüber Veränderung auf der anderen Seite - begegnen?

Abgestimmte Prozesse, eine möglichst flexible Organisationsstruktur, die geeignete strategische Grundausrichtung oder eine auf Innovation gepolte Kultur?

Eine Patentlösung scheint es hier nicht zu geben. Wäre auch sehr verwunderlich, wenn radikal Neues immer auf die gleiche Art und Weise entstehen würde! Aber wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Innovationsverantwortliche erst einmal verstehen müssen, dass echte Innovationen offensichtlich stören.

Bewusst ist mir das durch ein Spiel geworden:

Alle Teilnehmer (8 waren es in unserem Fall) stellen sich in einen Kreis. Sie beginnen einen Ball (in unserem Fall war es ein weißer) von einer Station zur nächsten weiterzugeben. Dieser Vorgang soll einen einfachen Standardprozess darstellen. Dann kommt ein weiterer Ball ins Spiel. Ein Teilnehmer wirft den Ball einem anderen Teilnehmer zu. Diesmal ist die Reihenfolge jedoch egal. Wichtig ist nur, dass jeder den Ball mindestens und höchstens einmal fangen und werfen sollte. Es entsteht eine bestimmte Ball-Bahn, also eine Personenreihenfolge, die der Ball durchläuft. Wenn alle den Ball einmal gehabt haben, fängt dieser Kreislauf parallel zum ersten Kreislauf wieder von Neuem an. Der zweite Kreislauf symbolisiert einen weiteren, etwas „schwierigeren“ Standardprozess. Bis hierher hat alles ganz gut geklappt! Jetzt kommt jedoch die Innovation (ein roter Ball) ins Spiel. Dieser wird völlig unabhängig von einer Reihenfolge ins Rennen geschickt. Und siehe da – dieser Ball stört(e) gewaltig. Jeder Teilnehmer wollte den Ball schnell wieder los werden (damit er sich auf die Standardprozesse konzentrieren kann) und falls der Ball einmal auf den Boden fiel, gab es keinen mehr, der sich dafür zuständig fühlte.

Meine Schlussfolgerung:

  • Echte Innovationen stören Standardprozesse und -abläufe.
  • Es braucht jemanden (ein System), der sich um diese roten Bälle kümmert, der sie nicht als störend empfindet.
3Dec/100

….wenn Innovationen eine Verhaltensänderung der Kunden erfordern

Am 18 November habe ich einen Artikel zu radikalen Innovationen auf diesem Blog veröffentlicht. Dabei hieß es unter anderem, dass wenn ein Produkt auf dem Markt als völlig neu empfunden wird und die Nutzung des Produktes Verhaltens- und/oder Einstellungsänderungen der Kunden erfordert, oft mit großen Risiken und enormem Aufwand bei der Entwicklung und Markteinführung zu rechnen ist.
Kann natürlich aber auch sein, dass erst nach erfolgreicher Produktentwicklung und Markteinführung die Verhaltensänderungen zum Tragen kommen.  Anbei ein Video, das ganz gut veranschaulicht, was unter Verhaltensänderung gemeint ist.

.... und an was die Entwickler des iPad's nicht gedacht haben. 🙂